Richtung Norden, Norddeich, vorbei an Nordhorn. Links und rechts der A31 (mein Vater nennt sie gerne Ostfriesenspieß) morastig mooriges Emsland. Später Friesland, weites Weideland, wie von Windrädern auf die ebene Oberfläche getackert. Das Navigationsgerät weist stoisch nach Norden. Tempomat auf 130, eingedenk der nahen Niederlande, linkerhand.

Hinter Papenburg der Schwenk nach rechts, unter der Ems hindurch, und dann im Umkehrschwung um Emden herum die letzten Kilometer über Landstraßen. Norden, Norddeich. Und hinter dem Deich lugt Norderney aus der wattigen Nordsee. Laut knattern die Drachen im Reizklima.

Alles auch schon wieder zwei Wochen her. Aber die Nase läuft immer noch.

Die letzte Fahrt mit der Straßenbahn in das Büro. »Die Fahrscheine, bitte!« Mit deutlicher Betonung des Kommas, wie zum Ausdruck einer verzögerten Erinnerung der Kontolleure an Höflichkeitsformen. Demnächst an dieser Stelle: U-Bahnkontrolleure.

Die Brisanz des Haltestellenbesuchs.

Zweitausendachthundertsechsundsiebzig Kilometer weiter – fast immer Richtung Autres Directions – und wieder zurück. Die unendliche Erholsamkeit des Nichstuns.

Das asthmatische Röcheln der Blasebälge, als wäre das Seeufer ein riesiges Lungensanatorium.

So geht Kurzurlaub: Rivella rot im Badi Tägerwilen.

Die Straßenbahn ruckelt über die Gleise, die Fahrgäste eingelegt in stickige Luft. Auf dem Nebensitz ein junger Mann in blauen Nadelstreifen. Aus den Anzugärmeln ragen Hemdmanschetten mit einem Stich ins Violette, darunter eine massige Uhr mit Metallarmband um das schmale Handgelenk. Die rechte Faust umklammert sein stummes Handy. Als gäb es ihm Halt.

Das Wochenende in Köln. Übernachten neben einer Güterzugstrecke. Todong. Todong. Todong. Der Autokorso am Samstag war dagegen von ausgesuchter Melodiosität.

Wo kann man schon den Freischwimmer bei Spaziergängen durch Stadt erwerben?

Forbes-Liste vom »Sexiest Car For College Students« über »Sexiest Car For Miami Beach Plastic Surgeons« bis hin zum »Sexiest Car For Washington Lobbyists«.

Irgendwie mit dem Verdacht zurückgekommen, dass man den ehemaligen Mauerverlauf am ehesten am Zustand der Bürgersteigpflasterung ermitteln kann. (Oder einfach betrunkener durch den ehemaligen Ostteil der Stadt gestolpert.)

»Am Berg, da quält er sich etwas. Wenn man sonst Turbodiesel gewohnt ist...« Ein Anruf unterbricht die Ausführungen der wildgelockten blonden Frau auf den benachbarten Bänken der U-Bahn. Ansatzlos kommt ein »Darling...«

Ihre Haare finde ich jetzt offensiv gelockt. Als sie im Laufe des laut geführten Gesprächs noch das Wort »Homezone« mit lasziv betontem Z in ihr Klapptelefon spricht, halte ich sie für eine weibliche Inkarnation von Beckenbauer. Und beim baldigen Aussteigen denke ich: Diese Bahn ist nicht für Zuhörer unter 16 Jahre geeignet.

Berlin! Kommendes Wochenende, zumindest.

Die Gazelle im Leopardenpelz.