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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking). | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
NYC, Teil XIX: Angenehmst auf Abwegen 04/19/03: Wenige Straßen vor der Williamsburg Bridge geht es links in eine Straße, von deren Betreten meine Mutter nichts wissen darf und mein Vater mir abgeraten hätte. Hinterhofwerkstätten, kaum Beleuchtung, links ein Flachbau mit zwei verstaubten, in Aluminium gefassten Glastüren, beklebt mit handkopierten Zetteln zu stattfindenden Konzerten. Das Tonic. Sex Mob: »Trumpeter Steven Bernstein and his madcap crew always create a ruckus with their funked-up jazzparty music.« Meint Time Out. In meiner Erinnerung residiert die Formation auf irgendeiner Knitting Factory-Kompilation. Grund genug, imaginäre Elternsorgen beiseite zu schieben und in die Lower East Side zu fahren. Verhalten beginnend in dem rohen Lagerraum mit abplatzendem Putz an den Ziegelwänden, hölzernen Deckenträgern und als einzigem Konzertsaalattribut einem roten Samtvorhang im Bühnenhintergrund, sind die vier Musiker dann rasant bei der Sache. Steven Bernstein, der Kopf der Band an der Posaune, rechts ahmt der Saxophonist Briggan Krauss die Krümmungen seines Instruments in seiner Körperhaltung nach und der Bassist Tony Scherr konkurriert mit seinem Kontrabass in Korpulenz. Die Instrumente gewinnen. Der Schlagzeuger Kenny Wollesen wirkt mit Brille und schütterem Haar wie ein Neffe von Woody Allen, nur autistischer. Nach anfänglich moderatem Einspielen gerät das Quartett in einen Schwung, der statt Fingerschnippen oder Fußwippen ein dezentes Headbanging adäquat erscheinen lässt. Zur Halbzeit des Konzerts vermehrt sich die Band auf Zuruf in's Publikum um ein Alt-Saxophon und eine Tuba. Familienzusammenführung mit Gastmusikern und Produzenten: Seitdem weiß ich, dass man eine Tuba auch als Megaphon verwenden kann (durchaus lustig) und dass sich das Auslassventil für Kondenswasser auch zupfen lässt (durchaus schrill). Gibt es eigentlich Heavy Jazz? Oder Speed Jazz? Dann war es das. Aber auch mehr. Die Rückfahrt gestaltet sich, jetzt ohne Metroplan unterwegs, etwas kompliziert. Ich kapituliere vor dem Umweg über Brooklyn und dann dem A-Train über Lower Manhattan in das West Village. Und stelle auf dem nächtlichen Gang erstaunt fest, wie nah die Lower East Side meinem zeitweiligen Wohnort ist. [ak, 15:55 · referenzieren · ] NYC, Teil XVIII: Java N Jazz 04/18/03: Auch ohne Umrechnung von Fahrenheit in Celsius erfordert ein Temperatursturz von über achtzig auf unter vierzig häufige Aufwärmung, trotz Rollkragenpullovers. Ich hangele mich von Café zu Coffeeshop zu Deli. Sitze am Union Square an einer rotbraunen Ziegelwand, dekoriert mit Collagen aus zerissenen Müslipackungen. Fingernagelgroß fragmentiert erinnern sie in Farbspektrum und -verteilung entfernt an die Originale. Bester Cappuccino bislang: Deutliches Kaffeearoma, genossen durch beständig aufgeschlagene Milch. [ak, 10:14 · referenzieren · ] NYC, Teil XVIII: Viel, zu viel 04/18/03: K****** seufzte kürzlich: "Uff, in Frankfurt ist aber viel los!" Und jetzt finden sich in meiner aktuellen Ausgabe der Time Out New York über die nächsten Tage jeweils mehr als eine Anstreichung. Zu viel los, hier. [ak, 08:31 · referenzieren · ] NYC, Teil XVII: Klassiker mit Bohrmaschine 04/17/03: Das Whithney Museum of American Art, brachiale Betonarchitektur des ungarischen Bauhäuslers Marcel Breuer. Klassiker der Moderne, filigrane Mobiles von Alexander Calder, Ansichten von Edward Hopper, diverse Popartisten und großes Streifenbild in Rot von Mark Rothko. Eine Sonderausstellung zeigt Installationen des Architektenduos Diller & Scofidio. Aufgehängte, halb aufgeklappte Koffer zeigen Ansichtskarten der einzelnen amerikanischen Staaten. Die Rückseiten tragen alle den gleichen Text: The Date The Salutation, Partiotic remark, The description of the site, The travel itinerary. The remark to elicit envy. Meal comments. The undecipherable statement. The Closing, The Signature Währenddessen zerlöchert eine an einer Führungsschiene umherfahrende Bohrmaschine zufallsgesteuert die weißen Ausstellungswände. [ak, 22:49 · referenzieren · ] NYC, Teil XVI: Beobachtung beim Bier 04/17/03: Noch nicht neun Uhr, und der geflochtene Zopf der Bedienung scon in Auflösung. Schmale Statur, schwarze Stiefel und Strümpfe, Rock und Oberteil ebenfalls schwarz. Einziger farblicher Akzent ist der Kugelschreiber zur Aufnahme der Bestellungen an den Tischen. Sie trägt ihn im Stiefelschaft. Und nach dem zweiten Bier gibt es ein Glas Wasser mit Eiswürfeln gratis. "That you stay hydrated" meint sie mit einem Schmunzeln. An der Bar eine Frau: Sie lacht zu laut. Sie klatscht zu häufig in die Hände. Sie gestikuliert zu raumgreifend. Sie spricht zu schrill. Ein weiteres Bier. Keine Veränderungen, weder in meiner Wahrnehmung, noch in ihrem Verhalten. Alles irgendwie "zu viel". [ak, 22:46 · referenzieren · ] NYC, Teil XV: Epidermis im Ausnahmezustand 04/16/03: Die Vorsilbe deutet es schon an: Verreisen versetzt einen Ausnahmezustand. Für mich kommen jetzt hinzu: Erste Erfahrungen im Central Park (ein unwirklicher Ort in dieser Stadt, in dieser Größe), inklusive Sonnenbrand. Über achtzig Grad Fahrenheit heute. [ak, 17:11 · referenzieren · ] NYC, Teil XIV: Heimischwerdung 04/16/03: Die Erschließung einer Stadt geschieht mir durch zunehmende Vertrautheit mit dem U-Bahn-System. Beiläufiger Umkehrschluss: Orte ohne U-Bahn sind keine Städte. Nach einem Tag überracht, wie zielführend die Subway-Nutzung bereits erfolgt. [ak, 16:25 · referenzieren · ] NYC, Teil XII: Drama im Park 04/15/03: Studenten der benachbarten New York University bevölkern bei hochgradigen Umgebungstemperaturen den Washington Square Park. Seminare werden auf dem sandfleckigen Rasen abgehalten. Schuhkartongroße Kameras nehmen schauspielernde Kommilitonen auf. Ein Paar kreist um den zentralen Brunnen, einen Text probend. Ihre Gehgeschwindigkeit scheint exakt mit der Textlänge synchronisiert. An mir vorbeiziehend lausche ich immer wieder dem entrüstetem Dialogfetzen: »Oh Jesus! That cannot be true!« Ein modernes Drama, vermute ich. [ak, 12:03 · referenzieren · ] NYC, Teil XI: Besserwissertum in Shorts 04/15/03: Er, älter, grau verwuschelter Kopf, blaue Shorts und Sandalen an den besockten Füßen, hat den Verkäufer an der Kasse in ein Gespräch über Gott und die Welt verwickelt. Besser: Politik; nach seiner und des Angestellten Sicht die falsche, was den Irak angeht; und Bücher und das Internet. Besser: Amazon & Ebay, und deren Bedrohung des traditionellen Buchhandels, wie ihn der Verkäufer praktizieren möchte. Geld zählend über die geöffnete Kassenlade gebeugt, glaube ich ein ungläubiges Augenrollen hinter seinen Brillengläsern zu erkennen. Wieder Konsens in kürzester Zeit, ohne dass es für den Kunden Anlass wäre, die Kasse freizugeben. Andere Kunden werden beiläufig bedient. [ak, 12:16 · referenzieren · ] NYC, Teil VIII: Verdreht 04/14/04: Meine Vorstellung von Manhattan war eine aus Südrichtung. Und jetzt sitze ich hier im Madison Square Park, Eichhörnchen, hier grau statt rötlich, in ihrer Zutraulichkeit beobachtend, und ringe mit der Realität: Das Flatiron Building steht "falsch" herum, mit der Spitze nach Norden. Faszinierend filigrane Fassade, endend in einem fein ziseliertem Kranz, der das wunderschöne, schlanke Gebäude nach etwa zwei handvoll Stockwerken abschließt. Die Regelmäßigkeit der seitlichen Flanken irritierend aufgelockert durch wenige Fenster breite, kaum merkliche Hervorwölbungen. Die Eichhörnchen interessiert dies weniger als die Frage, ob die von mir weggeschnippte Asche essbar ist. [ak, 14:31 · referenzieren · ] NYC, Teil VII: Wildleben in der Stadt Die New York Public Library hat geschlossen. Im dahinter gelegenen Bryant Park setze ich mich auf grüne Gartenstühle und blinzele südwärts in die schräg einfallende Sonne. Über die Gebäude, die den Park mit abgesperrter Rasenfläche mir gegenüber abschließen, lugt die Antenne des Empire State Buildings. Ein einzelner Mann mit partriotischer Jeansjacke läuft über den Rasen und schwingt mit seinem Arm ein meterlanges Seil. Nach einigen Minuten, in denen ich mich über diesen Gärtner oder Parkwächter wundere mit seinem groben, langstulpigen Lederhandschuh, stelle ich fest, dass es ein Falkner ist, der seinen Raubvogel ausfliegen lässt. Meine Verwunderung weicht innerlichem Kopfschütteln. Beruhigt setze ich meine mittägliche Lektüre fort. [ak, 11:19 · referenzieren · ] NYC, Teil VI: Wer ist L****? 04/14/04: Seit gut 24 Stunden in New York. Von der Avenue of the Americas quillt auf- und abschwellendes Sirenengeheul in mein Kurzzeit-Apartment. Besitzerin ist eine Musikerin, mit der ich nur per E-Mail kommuniziert habe. Besser: Sie mit mir, um mitzuteilen, dass ich den Schlüssel bei ihrer Nachbarin erhielte. Dieses Unwissen über meine Gastgeberin entzündet sich an allen Gegenständen in Versuchen, sie per Indizienbeweis zu rekonstruieren. Irgendwo liegt ein Brillenetui, im Bad Behälter für Kontaktlinsen. E-Gitarre im Wohnzimmer, Keyboard auf dem Schreibtisch. Über dem Kühlschrank, leer bis auf von mir gekaufte Milch und Bier, ein doppelstöckiges Holzregal voll mit Kochbüchern. Einige tragen Low Fat im Titel. Gewichtsprobleme oder Gesundheitsbewusstsein? Auf der Suche nach einem tiefen Teller stoße ich auf ein komplettes Regalfach voller Vitamin- und Mineralpräparate. [ak, 08:48 · referenzieren · ] NYC, Teil IV: Im Frühling Sonnenbrillen sind ein Muss. Habe ich deswegen keine? Straßenhändler offerieren Tapeziertischgroße Sortimente in allen Farben. Modelle mit Ganzverglasung über die Nasenwurzel hinweg. In lichtem Grün, Orange oder Pink. Oder dunkle, insektenäugige Modelle mit scharzen Gestell. [ak, 15:37 · referenzieren · ] NYC, Teil III: Reise in den Ausnahmezustand 04/14/04: Die gewohnte Umgebung verlassen und tausende Kilometer entfernt (wobei gefühlsmäßig hunderte Kilometer gereicht hätten). CDs, die man jetzt und hier gerne gehört hätte, nicht greifbar. Genauso Bücher, die man jetzt gerne läse anstelle der eingepackten. Stattdessen sitze ich an einem kleinen Tisch auf dem Bürgersteig vor einem Lokal im Greenwich Village, hinter mir aus aus dem Innenraum tröpfeln Akkorde vom Spiel des Pianisten, neben mir tröpfelt der Verkehr durch die Bleecker St. Vom Nachbartisch schnappe ich ein "fat german tourists" auf. Ich bin sicher nicht gemeint und nehme einen limettigen Schluck vom Corona. Ein angenehmes Fremdheitsgefühl umfängt mich. Die Bedienung, weiße Strümpfe in Lederstiefeln, weißer geschnürter Rock zu schwarzem Samtoberteil, den Kragen umspielen mittellange Haare, die Kräuselung künstlich herbeigewirkt, vermute ich. Die Füße brennen vom Herumlaufen den Tag über. Auch anders. [ak, 13:26 · referenzieren · ] |
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