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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking).

Mittwoch, 5. März 2003


Abtragungen

Und wieder den heimischen Bücherstapel um einundzwanzig Millimeter abgetragen: Jonathan Franzens Essaysammlung anleitung zum einsamsein. Ein Geschenk, dessen Titel ich schon zu gespieltem Spott den Schenkenden gegenüber genutzt hatte. Zwischen "einsam" und "allein", im amerikanischen Original ist die Sammlung mit How To Be Alone betitelt, liegen Welten: "Einsamkeit" betont den Mangel, die Fehlstelle, Verlassenheit. Im "Alleinsein" klingt dagegen Ruhe und Muße mit, wie ich sie brauche, um Bücherstapel um 315 Seiten zu reduzieren. Vielleicht ist die diese Differenzierung, ist dieser Wandel meine positivste Erfahrung aus den vergangenen eindreiviertel Jahren? Aber zurück zum Buch:

Die dreizehn Essays reichen vom Tod des Vaters des Autors an Alzheimer (hier deutsch, hier das englische Original) über die Mängel im städtischen Postwesen der USA, einer Reportage über das Geschäft mit Gefängnisbauten – als (noch) Nichtleser von den "Korrekturen" frage ich mich hierbei immer wieder, inwieweit bei Corrections auch das Department of der Gefängisbehörde mitschwingen, mitklingen soll – bis hin zu den filmischen Vorbereitungen eines dann doch abgesagten Auftritts des Autors bei Oprah Winfrey (original Ducking Out).

Mein Desinteresse an den Problemen der U.S. Mail nicht dem Autor anlasten wollend, hat mich die überarbeitete Fassung des Artikels für Harper's unter dem Titel Why Bother? am stärksten fasziniert. Franzen verwebt Erinnerungen an Stationen seiner auch schon vor "The Corrections" erfolgreichen Karriere mit Zweifeln an der amerikanischen Literatur und seiner eigenen Kreativität. Diese Selbstzweifel koppelt und verstärkt er noch mit gesellschaftkritischen Rückblenden auf die Zeiten von George Bush d.Ä. und Golfkrieg I. Damit legt Franzen ein solides Fundament für seine Schreibblockade. Die er dann, unter zunächst distanzierter Zuhilfenahme der Sozialwissenschaftlerin Shirley Brice Heath, wenn nicht überwindet, so doch umgeht. Heath differenziert zwischen vorgeprägten Gewohnheitsleser und Abwehrleser:

»Das sind die Einzelgänger. Kinder, die sich von klein auf anders fühlen als ihre Mitmenschen. (...) Der Einzelgänger überträgt das Gefühl des Andersseins in eine Phantasiewelt. Doch diese Welt kann er mit niemandem teilen, weil sie seiner Phantasie entspringt. Und so wird der wichtigste Dialog seines Lebens der Dialog mit den Autoren der Bücher, die er liest. Obwohl sie nicht anwesend sind, werden sie zu seiner Gemeinde.« (...) Heath schaute mir in die Augen und sagte: «Sie sind ein isoliertes Individuum, das unbedingt mit einer imaginierten Welt kommunizieren will.» Das «Sie» benutzte sie natürlich in einem unpersönlichen Sinn. Trotzdem war mir, als würde sie direkt in meine Seele blicken. Und die Heiterkeit, die diese in abstrakten Worten vorgebrachte Zufallscharakterisierung in mir auslöste, war die Bestätigung dafür, dass Heath recht hatte. Ich war erkannt worden, ohne missverstanden zu werden – und plötzlich hatte ich den Grund fürs Schreiben wieder gefunden.

[einige der Links via Bov]

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