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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking). | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Donnerstag, 29. August 2002
Wir fangen mal mit 12 Millimetern an, ja? "So, dass man keine Haut sieht, oder?" Mein Kopf nickt aus einer blauen Polyesterpyramide heraus zustimmend. Das den Hals umfassendende Kreppband knistert leise. Im Spiegel beobachte ich, wie meine weißrussische Frisörin den Scherkopf der Haarschneidemaschine adjustiert. Das hochfrequente Sirren wird bei der Annäherung an meinen rechten Hinterkopf lauter. Gespreizte manikürte Finger fixieren meinen Schädel in demütig geneigter Haltung. In kurzen Aufwärtsbewegungen fährt der Distanzkamm surrend durch mein Nackenhaar. "Oder noch kürzer?" Mein Blick sucht doppelt umgelenkt durch Wand- und Handspiegel das Testgebiet. Keine Haut! Im Salon ist es schwül-warm. Parfümseifiger Geruch dringt durch meine Nase. Prüfend verrenke ich mich weiter. Die Halsmanschette schabt. "Eins mehr geht noch, oder?" schlage ich vorsichtig vor. Die Frage nach einem mehr oder weniger lässt eigentlich offen, ob sie sich auf Restlänge oder Abschnittslänge bezieht. Von pedantischer Logik unangefochten schiebt meine Frisörin den Distanzkamm noch etwas zurück. Und setzt surrend wieder am Nackenansatz an. Ihr rechte Arm vollführt kurzer Topspin-Bewegungen an meinem Hinterkopf. Im Wandspiegel sehe ich Haarspitzenbündel zu Boden fallen. "Warm, nicht?" versucht die Frisörin ein Gespräch zu initiieren. In angespannter Lethargie murmele ich ein "Ja, den ganzen Tag schon" zurück. Stellungswechsel. Die Maschine umfährt mein rechtes Ohr. Mit nach links geneigtem Kopf verfolge ich, wie die Haare auf auf meiner Schulter platznehmen, sich auftürmen und letztendlich über den blauen Hang abrutschen. In der Talsohle des Umhangs sammeln sich die wolligen Scherergebnisse. Seitenwechsel auf die linke Seite. Die Schermaschine bewegt sich auf das Haupthaar zu. "Vorne lass' ich etwas länger?" lässt sich die Frisörin meinen grob skizzierten Auftrag bestätigen. Ich nicke affirmativ. Das Schneidegerät wird auf dem Werkzeugwägelchen zwischen Kämmen, Bürsten, Lockenwicklern und zahlreichen Scheren niedergelegt. Aus einer Sprühflasche wird mein Haar benetzt. Ein schwarzer Kamm pflügt die feinen Feuchtigkeitsperlen ein hinterlässt feine, dunkel schimmernde Rillen auf meinem Kopf. Behende greifen mit Kamm und Schere bewehrte Hände eine Lage Haare nach der nächsten. Hochkämmen, zwischen Zeige- und Mittelfinger fixieren, mit wenigen kurzen Schnitten über der Beugung des Zeigefingers kürzen. Am Hinterkopf angekommen Wiederholung der gesamten Prozedur. Feinkontrolle aus kritisch fixierenden kajalumrandeten Augen. Rhythmisch wackelt mein Kopf im resoluten Zugriff der Frisörin. Trotz der kühlenden Frische durch die Benetzung spüre ich, wie es auf meiner Stirn perlt. Einige dreieckige Bündel nasser, abgeschnittener Haarspitzen haften auf meiner Stirnwölbung. Der Übergang zwischen Seiten- und Haupthaar wird beiderseits eingeebnet. Einige zusätzliche Scherenschnitte kreisen um den Hinterkopfwirbel. Problemzonenbehandlung. Durch den Spiegel sehe ich einen graumelierten — Haar wie Anzug — Kunden eintreten. "Sie schneiden noch?" Ich denke mir ein "Offensichtlich!" während ihn die Frisörin für cirka fünf Minuten auf die Wartebank bittet. Das Ende meiner Behandlung ist nah! Nach einem Telefonat vor der Tür blättert er ziellos in den Lesezirkel-Illustierten. Mit einem kleinen Schneidegerät wird mein Haaransatz um Ohren und im Nacken konturiert. Hochfrequent surren die Schneidblätter. Kühles Metall setzt vibrierend an meinem Nacken an. "Ein bisschen nach vorne!" Mein Kopf beugt sich dieser Aufforderung. Die Haut im Nacken spannt sich unter der Manschette hervor. "Damit sie das dann in den Griff bekommen!" begründet die Frisörin anschließend den Einsatz der Ausdünnschere. Ein metallisch hohes Geräusch lässt die Schere um meine Stirnhaare zusammenfahren. Aus den inzwischen wieder trockenen Haaren rieselt feinster Haarstaub. Es beginnt auf Nasenrücken und -flügeln zu kitzeln. Ich halte die Augen geschlossen. Ein "Gut so?" fordert mich zur Abnahme auf. Die Frisörin tänzelt mit den Handspiegel hinter meinem Stuhl. "Gut so!" Mit grobem Pinselstrich und Föngebläse werden die Haarspitzen im Nacken, hinter den Ohren und im Gesicht entfernt. Mir wird "Noch etwas Gel?" angeboten. "Gerne." Beidhändig wird das Gel in mein Haar massiert. Über meiner Stirn werden keck einige Strähnen empormodelliert. Dahinter strubbelt jetzt dunkel schimmernd mein gekürztes Haar. Beim Entfernen des Umfangs gleiten letzte Haarbüschel auf den gefliesten Boden. Ich nehme noch einen Schluck Wasser und zahle. Raus. Draußen fahre ich wie ungläubig durch den Nacken und genieße die neue Stoppeligkeit. Wenn ich die Stirn runzele, merke ich, wie sich das Gel verfestigt. [ak, 15:27 · ] |
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