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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking).

Donnerstag, 12. Januar 2006


»Happy End«

Sie sitzen beiderseits des schmalen Gangs in der Straßenbahn. Seine stämmigen Beine ragen diagonal in den schmalen Raums zwischen den Sitzreihen. Er trägt zu einer rustikalen Jacke eine schwarze Filzmütze mit Ohrenschützern und Schirm. Das schlecht rasiserte Gesicht darunter bestimmen wuchernde, schwarz-graue Augenbrauen. Ihm gegenüber betont ein straff gebundener Zopf aus goldgelben Haar die Strenge ihres Gesichts. Der Kopf steckt in dem Kragenwulst ihrer roten Steppjacke. Um sie herum okkupieren prall gefüllte Tragetaschen die Sitze.

Von Station zu Station gestikuliert sie auf ihn ein. Der rechte Arm zeichnet den künftigen Streckenverlauf in den Luftraum im Gang, weist dann auf die Stationsanzeige. Er schaut verwundert. Sein tumber Blick pendelt überfordert zwischen ihren wortreichen Ausführungen und der Stationsanzeige im Inneren des Wagens.

Meter um Meter wird sein Blick panischer. Wieder und wieder schlängelt der rote Jackenärmel vor seinen Augen, jetzt ergänzt um Hinweise durch die Waggonscheiben ins abendliche Dunkel, wie er denn von der Endstation sich zu bewegen habe.

Er erhebt sich, greift nach seinen Tüten. Sein Gesicht sammelt sich. Einen kurzen Moment lang gelingt ihm ein Ausdruck von Zuversicht. Bis er von der Frau wieder in den Sitz gedrückt wird. Ihr Blick sagt »Erst die nächste!«

Die nächste Station. Er erhebt sich frühzeitig, geht zur Wagentür, bevor die Bahn gehalten hat. Sein Blick sucht Kontakt zu seiner Begleiterin und will sagen »Ja, ich finde jetzt den Weg!« Als die Frau merkt, dass sie ihm nicht erklärt hat, dass in Frankfurter Straßenbahnen die Türen nur auf Aufforderung öffen, ist es bereits zu spät. Fassungsloses Staunen begleitet das Wiederanfahren der Bahn.

Nebeinander vor der Tür stehend, die sich gerade nicht geöffnet hat, fahren sie stehend, jeder seine Tüten tragend, bis zur nächsten Station. Beim Aussteigen erkenne ich die Aufschrft auf der Packung vierlagigen Toilettenpapiers, die er trägt. Dort steht »Happy End« und ich muss lachen.

[ak,  21:19 · ]

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