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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking).

Sonntag, 6. März 2005


Vorwiegend heiter

Schlierig spiegelt sich der blaue Himmel in den gefrorenen Pfützenoberflächen in den Rinnsteinen. Festgefahrene Schneereste zeichnen das Kopfsteinpflaster nach. Der Wind fährt zwischen Jacke und Schal und ich ziehe den Reißverschluss noch etwas höher. Zum Anzünden der Zigarette unterbreche ich meinen Gang. Sofort spüre ich die Sonnenstrahlen, die zwischen den Häusern schräg auf den Bürgersteig fallen. Mit dem ersten Zug fühle ich mich wärmer. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, vor der griechisch-orthodoxen Kirche, tanzt eine Hochzeitsgesellschaft neben brennenden Ölfässern. Heiter.

Durch die braungekachelte Unterführung. An den Wänden arithmetische Liebesschwüre in Edding neben politischen Parolen in jugendlicher Einfachheit. Farbige Graffiti in kalligraphischer Opulenz. Dann wieder hinauf, in das Sonnenlicht, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Über mir singen die Gleise von der Einfahrt einer S-Bahn.

Im Schaufenster der Stehpizzeria stapeln sich die vorgefaltenen Kartons. Daneben walkt der Bäcker die Teigkugeln. Noch ein wenig weiter. Beim Eintritt in das Café wird mir die Kälte bewusst. Ein schlauchiger Raum, rechts eine große, dunkelbraune Theke. Messingbehälter mit Kaffee, darunter eine Reihe von Blechdosen mit Tee. Am Ende die Glasviritine mit dem vollkörnigen Kuchenangebot. Ein letzter Bistrotisch ist noch frei. Ich bestelle einen großen Kaffee und klaube von der Ablage die zerfledderte Sonntagszeitung. Über dem Durchblättern wird der Kaffee kalt. Am Nebentisch puhlt eine Frau das weiche Innere aus ihrem Käsebrötchen puhlt. Richard Clarke entwirft in einer fiktiven Rede zum zehnten Jahrestag von "9/11" ein apokalyptisches Panorama. Ich fliege kursorisch über den Text. Wohnmobilattacken auf Spielcasinos in Las Vegas. Selbstmordattentäter in Themenparks in Florida. Kleinflugzeuge auf Chemiefabriken. Immer wieder präzise Angaben zu Opfern und Verletzten. Forsetzung auf Seite 74. Mir geht die Geduld aus.

Nebenan türmen sich die Innereien des Brötchens auf dem Tellerrand. Ein letzter Schluck kalter Kaffee. Sortiert und gefaltet lege ich die Zeitung zurück auf die Hutablage. »Zahlen bitte. Der große Kaffee.« und »Stimmt so.« Wieder draußen schließe ich die Jacke nicht mehr und blinzle der Sonne entgegen. Der Wind weht von hinten Fetzen von Reklamesendungen durch die Straße. Weiter heiter.

[ak,  16:22 · ]

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