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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking).

Mittwoch, 14. August 2002


Wie mir Herr Lakatos einmal die Tür offengehalten hat

Darf man aktuell eigentlich vom guten Wetter sprechen? Heute mittag hatte sich das Wetter nach dunstig-diesigem Tagesanfang offenbar dafür entschieden, die Sonne an der Temperaturgestaltung zu beteiligen. Meine Fahrt in anschwellender Mittagsschwüle mit der U-Bahn führte mich in den Dornbusch. Am Haupteingang des Hesssichen Rundfunks holte mich die Hörfunk-Volontärin zu einem Interview über Online Tagebücher ab. Hinter dem großen Sendesaal vorbei an der Outdoor-Kantine mit intensivem Grill-Odeur in ein weiteres Gebäude; Aufzug, zweiter Stock und dann platzgenommen in schwarzledernen Freischwingern. Aus einem kleinen Lederköfferchen wuchtete Chr******* das Aufnahmegerät auf den Tisch. Das Sony TC-D5M ("mit schaltbarem Spitzenpegel-Begrenzer") hatte die Anmutung eines platten Kohlebriketts. Lautstarke Landung auf dem überfüllten Scheibtisch: viel leichter schien es auch nicht zu sein. Aber auch ebenso robust. Zunächst wurde noch der Spitzenpegel-Begrenzer eingeregelt.

Chr******* erstellt ein 15-minütiges Radio-Feature für den hr2, welches im nächsten halben Jahr in der Sendereihe Wissenswert ausgestrahlt werden soll. Und ich sollte dazu Material liefern (neben anderen), diente also der Anhäufung von Schnittmaterial. Die eigene Neugierde (und auch ein wenig Eitelkeit) hatten mich jetzt hier zufällig in ein Büro der Casting-Abteilung geführt. Die Wände gepflastert mit Agenturplakaten, die mit einer Unzahl passbildgroßer Schauspielerportraits an Fahndungsplakate aus den späten Siebzigern erinnern — nur viel schöner, interessanter und vor allem in bunt.

Frage: Seit wann schreiben Sie ihr Online-Tagebuch?
Antwort: Seit knapp einem Jahr
F: Was war Ihre Motivation, ein Online-Tagebuch zu schreiben?
A: Eine persönliche. Und die persönliche Lust an Sprache und Gefallen an Sottisen und Sentenzen. Zudem stellt es einen Ausgleich zu meinem recht rationalen Berufsalltag dar. Daneben dient es mir der Selbstreflektion, diese Art, persönliche Gedanken und Empfindungen, ausgelöst durch verschiedenste Quellen, Alltag, Kino, Musik und auch das Internet, aufzuschreiben und dann niedergeschrieben zu sehen.
F: Ist es nicht irgendwie paradox, persönliches Tagebuch und dann die Offenheit des Internet?
A: Ich bemühe schon einen sorgfältigen Umgang mit dem was und worüber ich schreibe, ich filtere. Auf der anderen Seite bemühe ich mich um Ehrlichkeit. Das Weblog spiegelt schon Facetten von mir wider, aber es ist sicherlich nicht alles, was mich ausmacht. Man kann sich aber sicher auch ein Weblog vorstellen, in dem man eine Person spielt, in dem der Autor eine rein fiktive erfindet. Ist aber nicht mein Ansatz.
F: Und warum schreiben Sie nicht klassisch auf Papier?
A: Diese Form nähme mir die Möglichkeiten, direkt auf einige der Auslöser meiner Einträge zu referenzieren. Eine Notiz "dieses oder jenes geht mir auf den Keks" ist prägnanter, wenn man direkt auf "dieses und jenes" verweisen kann. Zudem, da bin ich ausreichend Technologie-affin, schmeichelt es dem eigenen Ego, diese Notate schön aufbereitet zu sehen.
F: Ist auch eine gewisse Selbstdarstellung Motivation? Ein gewisser Exhibitionismus?
[Dieses letzte Fremdwort hatte ich schon zu Beginn der Frage erwartet. Nun, da musste ich jetzt wohl durch!]
A: Ihre Frage nach Exhibitionismus hatte ich erwartet. Aber erstens gefallen mir die Konnotationen des Wortes nicht, und zweitens würde ich viel lieber von "Eitelkeit" sprechen.
F: Und wie wichtig ist Ihnen die Möglichkeit, dass Leser Ihre Einträge kommentieren können?
A: Diese Möglichkeit war ein wesentlicher Grund meines kürzlichen Umzugs [von dort]. Aber zentrales Element ist es nicht. Natürlich freut man sich, wenn Leser Stellung nehmen, aber in erster Linie fröhne ich mit dem Schreiben meinen eigenen Interessen.
F: Kennen Sie ihre Leser?
A: Nein, eigentlich nicht, außer einige der Ko-Tagbuchschreiber.
F: Wissen Freunde und Kollegen davon, dass Sie Online-Tagebuch schreiben?
A: Einige Freunde wissen es, aber bei den meisten glaube ich nicht, dass sie etwas ahnen (oder sich entsprechendes auch nur vorstellen können)!

So in etwa aus der Erinerung zitiert und skizziert, diese Viertel- bis halbe Stunde des Interviews, frei flottierend um und über verschiedene Themenfelder. Zum Abschluss wurd ich nooch gebeten, einen meiner Einträge zu lesen. Und dann noch einfach die Titelzeilen der letzten zwei Wochen. Füllmaterial

Beim Gehen hielt mir dann Tony Lakatos (guter Saxophonist und Mitglied der hr Bigband, schreckliche Seite) die Tür auf. Auf dem Arm trug er ein Sakko spazieren.

[ak,  23:22 · ]

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