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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking).

Samstag, 15. Juni 2002


Dem Herrn Schirrmacher die Rechnung

148 Seiten und fünf Lesestunden später. Herumgebracht habe ich diese Zeit mit Hans Lach, Autor; André Ehrl-König, Literaturkritiker; der Madame, seiner Frau; Beatrice / Inge, seiner Assistentin in der Sendung "Sprechstunde"; Martha Friday, dem Überraschungsgast in "Sprechstunde"; Joost Ritmann, Mystik-Sammler; Ludwig Pilgrim, Verleger; Julia Pelz, seiner Frau und Poetin; Michael Landolf, Autor über Mystik, Kabbala und Rosenkreuzertum; Professor Wesendonck, Philosoph; Professor Silberfuchs, Literaturwissenschaftler; Kriminalhauptkommisar Wedekind; Kriminalkommisar Meisele; Benedikt Breithaupt, Untersuchungshäftling; Cosima von Syrgenstein, Autorin; Rainer Heiner Henkel, Kunsthistoriker, Poet und Arachnologe; Ilse-Frauke von Ziehten, seiner Schwester; Bert Streiff, Autor; Lydia Streiff, seiner Frau; Wolfgang Leder, Autor der Literaturzeitschrift DAS, Claire Koss, der Mutter des Literaturkritikers; Mani Mani, Mitinsasse von Hans Lach in der Psychatrie und Olga Redlich, Ex von Hans Lach.

Und was führt Martin Walser mit diesem Personal in seinem Roman Tod eines Kritikers auf? Der Versuch einer Karikatur von MRR, sicher; aber so wenig witzig wie ein vertrockneter Altherrenwitz. Versuch einer Satire über den Literatur- und Medienrummel? Achje, ich wünschte Kurt Tucholskys Diktum "Was darf Satire? Alles!" gelte auch im Müssen, Können, Wollen. Der Konflikt zwischen Autor Hans Lach und Kritiker André Ehrl-König wird parallel zu einem mythologischen Gegensatzpaar von Saturn / Kronos und Zeus aufgeblasen. Die Berichterstattung über die angebliche Ermordung des Kritikers verzahnt Martin Walser dann noch mit antisemitischen Vermutungen der Journaille zum Hintergrund der vermutlichen Tat, die ein Licht darauf werfen, wie er die Reaktionen auf seine Paulskirchen-Rede (die Ausschwitz-Keule) versteht. Alles vermengt zu einem Brei im Konjunktiv ("dürfte, könnte, müsste"). Kann oder will sich Martin Walser hier nicht entscheiden, was seine Figuren denken, tun, sagen? Am widerwärtigsten war mir dann die Widerspiegelung des Literarischen Quartetts im letzten Kapitel als Gläserne Manege.

Ein schlechtes Buch würde ich bedauern, Bedauerung für den Autor und die vegebene Lesezeit. Diesem Buch — ich kenne keine weiteren von Martin Walser — kann ich aber kein Bedauern entgegenbringen. Meine Verärgerung richtet sich aber gegen die FAZ und deren Herausgeber Frank Schirrmacher. Wie um alles in der Welt kam es zu dieser öffentlichen Ablehnung des Vorabdrucks mit dem Argument des Antisemitismus? Erstens ist das Buch nicht antisemitisch. Zweitens sollte die FAZ ausreichend intelligentes und sachkundiges Personal haben, das abschätzen kann, dass ein solches Argument, gerade auch bei einem gestrig auftretenden Martin Walser, eine Aufmerksamkeitslawine lostritt, die das Buch nicht wert ist. Die vorgetragenen Argumente von Hausautorenschutz für Marcel Reich-Ranicki scheinen mir doch arg ehrpusselig. MRR ist, was immer man von ihm halten mag, immer noch bissig genug, sich solcher Verzeichnungen zu erwehren, wenn sie es denn wert sind. Jetzt erscheint der Roman also im Suhrkamp Verlag, trotz MRRs Einlassung, ein solches Buch dürfe nicht im Verlag von Walter Benjamin et.al. erscheinen. Ich bin jetzt schon gespannt, wie der Verlag die Veröffentlichung bewerben wird. Der Verkaufserfolg ist sicher — umso beschämender die Empörung über die Öffentlichwerdung im Internet. Die hat diese Phantomdebatte wenigstens auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt (und holt wahrscheinlich auch die absehbar hohen Verkaufszahlen zurück auf ein Maß, dass den literarischen Wert immer noch vielfach übersteigen wird).

[kellers,  16:31 · ]

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