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frappieren swV. 'in Erstaunen versetzen, befremden', sondersprachl. Im 18. Jh. entlehnt aus frz. frapper (wörtlich: 'schlagen'), aus frk. *hrapon 'raufen, raffen', zu ahd. *raffon (dass.). Die Bedeutungsentwicklung hin zu 'entfremden' wohl auf Basis des Überraschungseffektes eines plötzlichen Schlages (vgl. ne. striking). | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sonntag, 13. Januar 2002
Fragmentiertes Leben Ohne das Drehen der Selbsterkenntnismühle unnötig zu beschleunigen und ohne große Lust, der Selbstreferenzialität bezichtigt zu werden, gibt obige Überschrift einen Gutteil meines aktuellen Selbstverständnisses wieder: Die persönliche Wahrnehmung erfolgt fragmentiert über eine zunehmende Zahl von Interessen, Kanälen und Quellen (unter denen das Internet nur eine(r) ist). Diesen Zuwachs Ad infinitum fortgesetzt, verschwindet mathematisch-logischer Weise damit auch der Quellenbegriff, der nur über die Differenzierung gedacht werden kann. Unterscheidung oder Kritik benötigt für die Einordnung in das persönliche Referenzsystem die Quellenangabe. Bei unendlicher Quellenanzahl ist diese Einordnung aber unmöglich oder erfordert eine unendliche Anzahl an Referenzpunkten. Und dafür dürfte unser Leben doch etwas zu kurz sein. Als anderes Beispiel für schwindende Bedeutung der Differenzierung betrachte man nur das zunehmende Auftreten alarmistischer E-Mail-Wellen zu diesem oder jenem Thema (man denke z.B. an die Q33YE zum 9.11.). Diese Wellen durchziehen die verlinkte Gesellschaft wie ein Herzflimmern, ohne das am Ende Auslöser oder Ergebnis der Debatte auszumachen wären. Wobei der Begriff Debatte an dieser Stelle einen Anachronismus mit Verweisen auf rauchgeschwängerte Debattierklubs darstellt, der besser durch Foren oder Chats ersetzt würde. Die Quelle ist egal (und letztlich auch seltenst ermittelbar), aber es geht ja auch nicht um die Aussage und die Auseinandersetzung damit, sondern um die Schneeballartige Verbreitung von "Stimmung": Helau! Das Sender-Empfänger-Modell geht unter in einem kakophonischem Rauschen. Dieses Rauschen an sein kommunikationstheoretisches Ende gedacht vollendet die durch Claude E. Shannon definierte Informations-Entropie. Fragmentierung findet aber nicht nur auf der Rezeptionsseite auf, sondern ebenso auf der Emissionsseite statt: Die Medienwissenschaft hat sicher bessere Ausdrücke als Emission, die Assoziation von Umweltverschmutzung finde ich aber durchaus interessant, sodass ich sie hier mal als gewollt stehen lasse: Bei aller Gefahr, als arrogant verschrieen zu werden — vielleicht bin ich es ja? Gespräche degenerieren zu Talks, fragmentieren zu SMS-Schnippseln, E-Mail-Replies und AB-Nachrichten, verlieren ihren Privatcharakter durch das Fehlen von Funklöchern. Andererseits entstehen neue Pubklikationsformen: Siehe hier. Und gerade Weglogs propagieren mit einzelnen Postings die Philosophie des Fragments, der Unverbindlichkeit. Und machen das Internet damit reicher! Aber besser? Das Internet als Medium für eine Demokratisierung der Kommunikation und Publikation zu betrachten, fällt mir schwer: Viele der Inhalte zeugen doch eher für einen Rückzug ins Private, für eine grenzenlose Beliebigkeit. Mein Problem besteht in der Sehnsucht nach Verbindlichkeit und Ehrlichkeit. Selbst wenn dieser Eintrag ehrlich ist, gibt es keine Gewähr für das Entstehen von Kommunikation, Verbindung oder Verbindlichkeit. Und Gleiches gilt in jeder anderen Kommunikationssituation, da bei beiderseits (Sender und Empfänger) fragmentierten Leben ein "Gleichklang", der zur Integration von Meinungen und Leben führt, statistisch höchst unwahrscheinlich ist. Sehnsucht nach Gleichklang! Zugegeben, ich bin ein alter Romantiker! Mein Wunschzeitalter wäre wahrscheinlich die Epoche eines Humboldt in der Ausprägung des Universal-Gelehrtentums. Jetzt bin ich selber des Rechnens ausreichend mächtig, dass mir, bei exponentiellem Informations- oder gar Wissenswachstums die Einsicht, dass diese Ära Geschichte ist, nicht allzu schwer fällt. Nüchtern betrachtet. Aber man wird ja noch Träumen dürfen. Und hiermit komme ich wieder zu mir selbst ("Zu sich kommen" als Form der Defragmentierung? Reorganisation der eigenen Festplatte?!): Die Sehnsucht nach Integration des eigenen fragmentierten Lebens. Und diese Sehnsucht scheitert in gewisser Weise bereits an dem Unvermögen, mir meiner Fragmente des Alltags — des Lebens? Das wäre unvermessen! — bewusst zu werden: Freunde, Bekannte, Bücher, Musik, Filme; Kontakte, Gespräche, Diskussionen; Phantasien, Sehnsüchte, Gefühle, Abneigungen? Die Integrationsformel für Kopf und Bauch lässt auf sich warten. Das Warten ist leider nicht immer angenehm ... Die Suche nach der Integrationsformel für mein fragmentiertes Leben geht weiter! [kellers, 19:49 · ] |
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